Bericht zur Brüsselfahrt 2022

Tag 1

Endlich ist es soweit! Nach dem Besuch der IPA Fraktion Osnabrück des niedersächsischen Landtages in Hannover 2018 und der Visite des Bundestages im Jahr 2019 sollte nun das Europaparlament in Brüssel besucht werden. Mitglied des Europäischen Parlaments (MEP) Jens Gieseke (CDU) hat eingeladen und wir alle waren gespannt die europäische Hauptstadt zu erkunden. Die Vorfreude war riesig als der Bus am 30.11.2020 vorgefahren ist, um die Besucher aufzunehmen…. Moment mal! Der Bus kam gar nicht am 30.11.2020 vorgefahren… Corona hat uns einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht!! Die Brüsseler Institutionen haben aufgrund der pandemischen Lage keine Besuchergruppen mehr zugelassen und so musste die Tour verschoben werden☹.

Aber: Aufgehoben ist ja nicht aufgeschoben!!! Und so hieß es nach fast zweijähriger Wartezeit am 10.10.2022 Uhr um 07 h morgens als der Bus der Fa. Frericks Reisen aus Dörpen am Pendlerparkplatz der AS Hafen vorgefahren ist: „Einsteigen!“.

Nach einer kurzweiligen Fahrt kamen wir (20 IPA-Mitglieder; davon 9 Pensionäre und 11 Aktive) sowie weitere von Herrn Gieseke eingeladene Gäste (u.a. ehrenamtliche Kommunalpolitiker aus dem LK OS und eine Reisegruppe aus dem Emsland) wohlbehalten in Brüssel an. An dieser Stelle sei ein besonderer Gruß an unser geschätztes IPA-Mitglied Arnold Treusch von Buttlar gerichtet, welcher leider krankheitsbedingt passen musste. Arnold, wir alle wünschen dir eine schnelle und vollständige Genesung! Werde wieder gesund!

Unser erster Stopp in Brüssel erfolgte im Europaviertel, in dem sich viele wichtige Institutionen der Europäischen Union sowie deren Haupt- und Nebengebäude befinden, um dort das sogenannte Parlamentarium zu besichtigen. Hierbei handelt es sich um das Besucherzentrum des Europäischen Parlaments, in welchem man durch eine umfangreiche Ausstellung geleitet wird, die bemerkenswerter Weise sämtliche der 24 Amtssprachen der EU anbietet. Bei dieser zum Teil interaktiven Ausstellung ließ sich unser IPA-Mitglied Anke Hamker nicht die Chance nehmen, gleich mehrere selbstgestaltete, digitale Grußkarten per Email an unzählige Poststellenkonten der PI Osnabrück zu senden.

Nach dem Besuch des Parlamentariums ging es weiter in die niedersächsische Landesvertretung. Hier wurden wir durch Frau Hannah Obersteller, Referentin für Wirtschaft und Verkehr, begrüßt. Sie erklärte anhand einer Power-Point-Präsentation das komplexe Zusammenspiel der europäischen Institutionen (Europaparlament, Europäische Kommission, Europäischer Rat) bei Gesetzgebungsverfahren und unterstrich die Wichtigkeit einer Niedersächsischen Landesvertretung in Brüssel. Eine Einflussnahme i. S. der niedersächsischen Landesregierung sei bspw. bei landwirtschaftlichen als auch automobilen Themen wichtig. Unmittelbar im Anschluss referierte ein Mitarbeiter des VDA (Verband der Automobilindustrie e.V.) und stellte seine Tätigkeit als Lobbyist sowie seine Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Gesetzgebung anhand konkreter Beispiele dar. Den Namen des Referenten lasse ich hier unerwähnt – dieser lässt sich für Interessierte im Lobbyregister der EU recherchieren.  

Nach diesem ersten langen und erlebnisreichen Tag waren wir dann doch alle froh gegen 18 Uhr unser Bedford Hotel anzusteuern und die Zimmer zu beziehen. Da aber nicht nur die politische, sondern auch die kulturelle und kulinarische Bildung bei uns IPA-Mitgliedern von Bedeutung ist, haben wir uns gemeinsam vor dem Abendessen in die Rooftop-Bar des Hotels begeben. Hier konnten wir den Ausblick über Brüssel und ein paar kühle Getränke genießen. Nach dem anschließenden gemeinsamen Abendessen sind einige in Kleingruppen weiter in die Altstadt gezogen, um den Charme der gemütlichen Gässchen und Kneipen zu erleben. Brüssel ist neben seinen zahlreichen Institutionen nämlich auch für seine unzähligen Biersorten bekannt. Und so kam es wie es kommen musste – der Abend endete für das ein oder andere IPA-Mitglied im Delirium – einer über die Grenzen von Brüssel hinaus bekannten Kneipe mit über 2000 Bieren im Sortiment und einer Theke mit 19 Zapfhähnen, verteilt auf wenigen Metern. Und welche Biersorten wurden getestet? Natürlich wurde auch IPA getrunken – ein Indian Pale Ale – ein helles, obergäriges, stark hopfenbetontes Craft Bier. Zwar ein Trend aus den USA, aber für uns IPA-Mitglieder ein Name der zum Test verpflichtet.

Tag 2

An nächsten Morgen aus dem Delirium aufgewacht (hier ist nicht das Besäufnis gemeint; sondern die träumerische Vorstellung von der zuvor genannten Kneipe 😉) starteten wir nach einem kräftigen Frühstück mit unserer Stadtführung. Hierfür holte uns unser griechischstämmiger Stadtführer Achill direkt am Hotel ab, um uns bei frischer Morgenluft erneut durch die Straßen und Gassen Brüssels zu führen. Neben dem schmucken Rathausplatz und anderer historischer Gebäude wurden obligatorische Sehenswürdigkeiten wie das weltberühmte Manneken Pis bewundert, welcher täglich in ein neues Kostüm gekleidet wird. An diesem Dienstag trug der kleine Pinkler ein rot/grünes Ensemble mit einem weißen Basecap. Très chic würde der Brüsseler sagen.

Im weiteren Verlauf der Stadtführung blieben Achills Ausführungen zu dem 1648 in Osnabrück und Münster geschlossene Westfälische Frieden hängen: Dieser hatte zur Folge, dass sich das heutige Belgien von den Niederlanden loslöste und Belgien in seiner jetzigen Staatsform entstand.
Nach erfolgreicher Erkundung Brüssels zu Fuß stiegen wir in unseren Reisebus ein und manövrierten unterschiedliche Ziele an, u. a. das Atomium, welches für die Weltausstellung 1958 errichtet wurde. Mit 102 Metern Höhe ist es bereits von weitem zu sehen und von nahem betrachtet doch deutlich imposanter, als man es sich zuvor vorgestellt hätte.

Am Nachmittag ging es dann mit dem Bus durch den dichten Verkehr zurück in das Europaviertel. Hier stand nun der Besuch des Europaparlaments auf dem Programm. Bevor MEP Jens Gieseke zu unserer Besuchergruppe dazu stieß, gab es ein kleines Warm-Up mit einem seiner Mitarbeiter. Dieser stellte sich als fremdsprachenbegabter und wortgewandten Kölscher-Jung dar, der daraufhin wies, dass seine Muttersprache die einzige Sprache sei, die man auch trinken könne. Neben guter Unterhaltung überzeugte dieser aber auch mit interessanten Fakten, z. B. zum Dolmetscher-Dienst des EU-Parlaments, ehe MEP Jens Gieseke zu unserer Gruppe dazu stieß und die weitere Moderation übernahm. Unter dem Eindruck der an diesem Wochenende stattgefundenen Landtagswahl in Niedersachsen machte er Ausführungen zu europa- und weltpolitischen Themen, wie bspw. dem Überfall Russlands auf die Ukraine und der daraus resultierenden Energiekrise. Aber auch Ausführungen zur Inflation, der Wirtschaft im Allgemeinen und den bevorstehenden Wahlen in Italien, bei denen ein Rechtsruck zu erwarten ist, ließ er nicht unerwähnt. Herr Gieseke hob als überzeugter Europäer die Wichtigkeit eines starken, geeinten Europas zur Friedenssicherung, gerade in den heutigen Zeiten, hervor. Nach einigen Wortmeldungen und Diskussionen zu unterschiedlichen politischen Themen begaben wir uns nun für ca. 20 Minuten auf die Besucherränge des Parlaments und konnten uns eine Sitzung unter Führung von MEP David McAllister anhören. Da in der Sitzung ausschließlich Diplomaten der einzelnen EU-Länder vertreten waren, waren die Dolmetscher-Kabinen größtenteils nicht besetzt – es wurde ausschließlich auf Englisch kommuniziert. Vielmehr als gegenseitige Dankesworte waren in der Zeit unserer Anwesenheit nicht zu vernehmen. Vielleicht auch ganz gut so, denn im Nachgang stellte sich heraus, dass die Sitzung als Geheim eingestuft war, da sie einen Bezug zum Ukraine-Konflikt hatte, und wir nur versehentlich auf die Bühne gelassen wurden.

Zu guter Letzt hatten wir an dem Nachmittag noch ein wenig Freizeit, welche die meisten IPA-Mitglieder zu einem Spaziergang aus dem Europaviertel in Richtung Bedfort Hotel nutzten, um in den unzähligen ansehnlichen Gassen zu shoppen. Neben Schokolade sind Waffeln ein belgischer Verkaufsschlager – wie sich herausstellte nicht nur mit unterschiedlichsten Zutaten belegt, sondern auch in den verführerischsten Formen gestaltet.

Um mit seinen Gästen den direkten Austausch zu suchen, ließ es sich Jens Gieseke nicht nehmen am abendlichen Dinner im Hotel beizuwohnen. Hier wechselte er mehrfach die Tische und kam so in einen netten, ungezwungenen Austausch. Das ein oder andere IPA-Mitglied erhielt so bei einem lockeren Schnack einen beeindruckenden Einblick in das Leben eines Berufspolitikers.

Tag 3

Am Abreisetag stand der Besuch der Europäischen Kommission auf dem Programm. Hierzu haben wir ein Nebengebäude der EU-Kommission aufgesucht und uns in einen Sitzungsaal begeben. Auch hier mussten wir, wie bei den Besichtigungen der anderen EU-Gebäude die Tage zuvor, durch strenge Sicherheitsschleusen. Hintergrund ist die anhaltende Terrorgefahr zum Nachteil sämtlicher EU-Institutionen.

Der von uns aufgesuchte Sitzungssaal, in dem tatsächlich auch die EU-Kommission tagt, war abermals ausgestattet mit Sprecherkabinen für Dolmetscher. An den Sitzplätzen wiesen die 27 Landesflaggen der EU auf die Herkunft der Kommissionsmitglieder bzw. Funktionsbeschreibungen auf deren Rolle innerhalb der Kommission, u. a. die der Kommissionspräsidentin, hin. Ein unterhaltsamer deutscher Beamter hat uns hier einen straffen, aber auch kurzweiligen Vortrag über die EU-Kommission gehalten. Da er uns zu Beginn die Wahl ließ, ob er sich stoisch an das offizielle Programm halten oder auch etwas aus dem Nähkästchen plaudern sollte, entschieden wir uns einstimmig für die zweite Option. Voraussetzung war jedoch, dass er in diesem Falle nicht zitiert werde würde – nicht, dass die „Uschi“ davon erfährt. Da man sich an Absprachen hält, kann ich hier nur Platz für Gedanken und Erinnerungen an seine Ausführungen lassen: „_____________!“ Tja, da muss man schon dabei gewesen sein 😊 Hätte ich es nicht gehört, ich hätte es nicht geglaubt.

Zuletzt standen zwei Optionen für unseren weiteren Tagesablauf zur Wahl: Entweder der Besuch des Hauses der Europäischen Geschichte oder die Möglichkeit sich selbst zu organisieren. Die Empfehlung unseres Reiseführers war „Merkels Pommesbude“ im EU-Viertel aufzusuchen. Merkels Pommesbude wird so genannt, da sich unsere Kanzlerin a. D. an besagter Bude bei einem EU-Gipfel medienwirksam mit Pommes-Frites eingedeckt hat und sich diese Bude seither vor Gästen kaum retten kann. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit, der anstehenden, langen Rückfahrt und des guten Wetters entschloss sich die Mehrheit für Pommes. Diese waren nicht nur lecker – überragend war tatsächlich, dass es ausdrücklich gewünscht ist sich mit den Pommes in die Außengastronomie der umliegenden Kneipen und Gaststätten zu setzen. So konnten wir die Mahlzeit noch mit einem warmen Platz in der Sonne und einem kalten Bier verbinden. Eine echte win-win-Situation für die dortigen Kneipiers und für uns Konsumenten.

Und so neigten sich drei erlebnis- und bildungsreiche Tage dem Ende zu. Uns blieb es nur noch in den Bus zu steigen und gen Osnabrück zu starten. Doch wo sich eine Türe schließt (und sei es nur die Bustüre) geht irgendwo eine neue Türe auf. Die Tür von der ich hier spreche könnte eine Türe in Straßburg sein, dem Hauptsitz des Europäischen Parlaments, durch die vielleicht im kommenden Jahr die Mitglieder der IPA Fraktion Osnabrück schreiten, wenn es wieder heißt: Bildungsfahrt – wir kommen!!

LG, Euer Thorsten